Sunday, June 8, 2008

Nach Klums Models leidet jetzt der Zuschauer





Germany's Next Topmodel ist mit seiner aktuellen dritten Staffel ein formidabler Quotenerfolg. Das Thema "Heidi und ihr Modelbootscamp" beschäftigt nicht nur pubertierende Girlies auf dem Pausenhof, sondern wird in allen seriösen Medien rauf und runter diskutiert, als habe Madame Klum mit ihrem Wackeltraining für knackige Hintern dem Zeitgeist einen offenbar längst ersehnten Tritt in selbigen verpasst. Den vorläufigen Höhepunkt der Diskussionslustigkeit über hübsche Frauen in kecken Posen bietet heute Abend die ARD: In der politischen Talkshow "Hart aber Fair" widmet sich Moderator Frank Plasberg nicht etwa brisanten Themen wie dem Telekom-Skandal, sondern fragt stattdessen ganz im Ernst: "Die Topmodel-Gesellschaft – wie krank macht uns der Schönheitswahn?" Tja, antworten wir darauf, krank macht uns eigentlich weniger die Tatsache, dass junge Frauen so ziemlich alles anstellen, um Generalin Klum und ihre Handlanger zufrieden zu stellen, denn ehrlich: Daran haben wir uns gewöhnt. Und bei allem Mitleid für Mädchen in der Lippenstifthölle: Niemand zwingt die Damen, sich ständiger Bewertung und Beleidigung auszusetzen.
Leiden muss jetzt der Zuschauer
Die eigentliche Tortur erleidet der Zuschauer, denn je erfolgreicher die Sendung wird und je näher ihr Ende rückt, um so langweiliger wird sie. Dass in der gestrigen Folge die ehrgeizige Carolin ihre Koffer packen musste, wusste der netzaffine Zuschauer bereits seit Wochen. Im Internet kursiert eine Liste, die das Ausscheiden der letzten 16 Kandidatinnen verriet. Trotzdem veranstaltete Heidi Klum zu Beginn wieder ein waschechtes Drama, ließ Janina und Carolin bis an den Rand des Nervenzusammenbruchs zappeln und verkündete dann eiskalt: "Carolin, vieles spricht für dich, aber noch mehr spricht für Janina." Die heulte danach mehr als die gechasste Carolin, vielleicht auch, weil der ganze Schönheitskampfquatsch für sie nun doch weiter geht. Der Zuschauer war beinah gewillt mitzuheulen.

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